07/05/2024 | Press release | Distributed by Public on 07/05/2024 11:31
Für eine deutliche Ausweitung des Verteidigungskostenbeitrags in Strafverfahren hat sich Nationalrat einstimmig ausgesprochen. Zudem haben die Abgeordneten am letzten Sitzungstag vor dem Sommer zahlreiche weitere Vorlagen aus dem Justizbereich und ein Medienpaket beschlossen. Auch drei Volksbegehren standen zur Diskussion.
Für eine deutliche Ausweitung des Verteidigungskostenbeitrags in Strafverfahren hat sich der Nationalrat einstimmig ausgesprochen. So sollen etwa bei Freispruch die Pauschalhöchstsätze für die Bemessung des Verteidigungskostenbeitrags für Schöffen- und Geschworenenverfahren im Vergleich zu den bisherigen auf künftig 30.000 € versechs- bzw. verdreifacht werden. Darüber hinaus soll ein Ersatzanspruch bei Einstellung eines Ermittlungsverfahrens in der Höhe von maximal 6.000 € eingeführt werden, den es nach geltender Rechtslage bisher nicht gibt
Durch die Umsetzung einer Richtlinie kommt es zu Neuerungen im Bereich der Verbandsklage. Verbraucherschutzeinrichtungen können im kollektiven Interesse von mindestens 50 Verbraucher:innen künftig Unternehmen auf Abhilfe, also etwa auf Schadenersatz, klagen. Zur Verbandsklage auf Unterlassung wird ein weiterer Rechtsschutzweg ermöglicht.
Einig waren sich die Fraktionen, was die Einführung einer Podcast-Förderung und die Aufstockung der Fördermittel für private TV- und Radiosender sowie für nicht-kommerziellen Rundfunk betrifft. Die von den Koalitionsparteien beantragte Änderung des Komm-Austria-Gesetzes wurde einstimmig beschlossen. Demnach sollen für regelmäßig erscheinende Podcasts zu den Themenbereichen Medien- und Digitalkompetenz, Information, Kultur, Bildung sowie Wissenschaft und Forschung jährlich 500.000 € an Fördermitteln, beginnend ab heuer, bereitgestellt werden.
Der Privatrundfunkfonds soll um 5 Mio. € auf 25 Mio. € aufgestockt werden, der Fonds zur Förderung von nicht-kommerziellem Rundfunk von 5 Mio. € auf 6,25 Mio. €.
Durch eine von der Koalition beantragte Novellierung des Publizistikförderungsgesetzes soll das Doppelförderverbot aus dem Gesetz gestrichen werden. Derzeit sind kleine Zeitungen und Zeitschriften, die von einer anderen Gebietskörperschaft Geld erhalten, von der Publizistikförderung ausgeschlossen.
Genehmigt wurde auch eine Bund-Länder-Vereinbarung in Sachen Grundversorgung von Flüchtlingen. Diese enthält eine Anhebung der Kostenhöchstsätze für vulnerable hilfs- und schutzbedürftige Fremde.
Die Errichtung von Balkon- und Terrassenkraftwerken im Eigenheim soll ab 1. September 2024 einfach möglich sein. Wenn alle Wohnungseigentümer:innen vor der Montage von kleinen PV-Anlagen verständigt werden und niemand widerspricht, dann steht einer Installierung nichts mehr im Weg. Zum Einsatz können kleine Anlagen mit einer Leistung von weniger als 0,8 kW kommen, die an eine bereits vorhandene Steckdose angesteckt werden können. Die Grundlage des Beschlusses bildete ein im Laufe der Sitzung eingebrachter Abänderungsantrag von ÖVP und Grünen zum Wohnungseigentumsgesetz.
Eine mit breiter Mehrheit unterstützte Grundbuchs-Novelle bringt neue Beschränkungen bei der Einsicht und der Aufnahme von Urkunden. Um einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Rechnung zu tragen, soll zum Schutz des Privat- und Familienlebens künftig ein gebührenfreier, begründeter Antrag gestellt werden müssen, um die Einsicht zu erhalten.
Zu Anpassungen kommt es auch im Berufsrechts-Änderungsgesetz 2024. Damit sollen verschiedene Probleme in den Berufsrechten der Notar:innen und Rechtsanwält:innen gelöst werden. So soll beispielsweise bei zukünftigen Notar:innen verstärkt Augenmerk auf ihre persönliche Eignung und soziale Fähigkeiten gelegt werden. Vorgesehen sind außerdem zusätzliche Möglichkeiten für Zusammenschlüsse in sogenannten Notariatspartnerschaften.
Durch die Modernisierung des Genossenschaftsrechts soll die Möglichkeit eröffnet werden, Vereine in Genossenschaften umzuwandeln. Primäres Ziel ist es, die Rechtsform der Genossenschaft für das Wirtschaftsleben attraktiver zu gestalten und damit nicht zuletzt lokale und nationale Initiativen im Bereich des kooperativen Wirtschaftens und der Sharing Economy zu fördern.
Eine weitere einhellig beschlossene Regierungsvorlage zielt auf Steuertransparenz multinationaler Unternehmen ab. So sollen in Umsetzung einer EU-Richtlinie Konzerne in Österreich künftig verpflichtet werden, ihre Ertragsteuerinformationsberichte auch beim Firmenbuchgericht einzureichen. Konkret soll damit transparenter werden, ob ein Konzern dort, wo er große Umsatzerlöse erzielt, auch Steuern entrichtet oder ob die Gewinne in Niedrigsteuerländer verschoben werden.
Einstimmig sprachen sich die Abgeordneten dafür aus, eine Finanzierungslücke bei der Statistik Austria zu schließen. Sie erhält heuer zusätzliche 7,09 Mio. € aus dem Bundesbudget überwiesen.
Zu Beginn der Tagesordnung diskutierten die Abgeordneten über drei Volksbegehren. Von den Einbringer:innen wurden die - bereits erfolgte - Abschaffung des Impfpflichtgesetzes, die Rückzahlung aller COVID-Strafen sowie eine bessere Bezahlung von Pflegekräften gefordert.
Einstimmig zur Kenntnis genommen wurden zwei Berichte über die Volksgruppenförderung aus den Jahren 2021 und 2022. Aus ihnen geht unter anderem hervor, dass dem Bundeskanzleramt im Jahr 2022 Fördermittel in der Höhe von 7,87 Mio. € zur Verfügung gestanden sind.
Über 18 Petitionen und zwei Bürgerinitiativen informierte ein Sammelbericht. Die Anliegen der Bürger:innen reichten von einer flächendeckenden Versorgung durch Notärzt:innen, der Erlassung eines Bundesgesetzes zum Schutz vor "Lichtverschmutzung", dem Erhalt des Neusiedler Sees als Weltkulturerbe über Psychotherapie auf Krankenschein und die Erhaltung des internationalen Gebrauchshundesports bis hin zu einem Verkaufsverbot pyrotechnischer Artikel. Sechs Petitionen wurden den Fachausschüssen zur weiteren Beratung zugewiesen.
Die Stärkung von Österreichs Wirtschaft und dem Wohlstand im Land war heute im Nationalrat eines der zentralen Themen der Fragestunde mit Bundeskanzler Nehammer. Die Abgeordneten interessierten sich außerdem für das Bundesbudget, europäische Themen, Asyl und Jugendkriminalität.
In einer Zuweisungssitzung wurde schließlich noch der Antrag der SPÖ, den Unvereinbarkeitsausschuss permanent tagen zu lassen, mit den Stimmen aller Fraktionen außer der FPÖ angenommen. Untersucht werden soll, ob FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl gegen Melde- und Transparenzpflichten verstoßen hat.
Schon an den beiden Tagen davor wurden zahlreiche Gesetzesbeschlüsse beschlossen.