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Stadt Nordhausen

10/07/2024 | News release | Distributed by Public on 10/07/2024 05:28

Interview mit Susanne Hinsching Sonderausstellung „Das war´s, Applaus, Applaus“ mit Werken von Gerd Mackensen

Meldung

Montag, 07. Oktober 2024, 13:20 Uhr

[Link]Susanne Hinsching (Foto: Stadtverwaltung Nordhausen)
Gerd Mackensen gehört mit Sicherheit zu den ganz wichtigen zeitgenössischen Thüringer Künstlern, die über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind. Das Kunsthaus Meyenburg zeigt nun mit der Sonderausstellung "Das war´s, Applaus, Applaus" mit Werken von Gerd Mackensen … ja was eigentlich?

Frau Hinsching, was zeigen Sie mit der postumen Ausstellung mit Werken von Gerd Mackensen? Eine Ausstellung zum Leben und Schaffen oder gar eine Retrospektive?
Eigentlich war diese Ausstellung zum 75. Geburtstag von Gerd Mackensen geplant, doch durch den plötzlichen und so unerwarteten Tod im August letzten Jahres, ist es nun leider eine postume Ausstellung geworden. Aber es ist keine Retrospektive! Sylvester Mackensen und ich haben für diese Ausstellung Werke ausgewählt, die die große Bandbreite des künstlerischen Schaffens von Gerd Mackensen zeigen und einen Einblick in das vielseitige Oeuvre seines Vaters geben. Die Auswahl ist aber bewusst nicht auf Vollständigkeit angelegt.

Was bieten Sie den Kunstinteressierten im Kunsthaus an und was unterscheidet von der letzten Mackensen-Schau aus 2019 "Stilles Feuerwerk im Narrenwinkel - Gerd Mackensen | Malerei, Grafik, Skulptur"?
Wir zeigen im Kunsthaus 81 Arbeiten auf Leinwand und Papier, sowohl in kleinen als auch großen Formaten unter dem Ausstellungtitel "Das war's, Applaus, Applaus!".
Ausstellungen mit Gerd Mackensen haben wir dann im Kunsthaus Meyenburg 2003 unter dem Titel "Venus im Pelz", 2011 mit dem Titel "Sehnsucht nach Früher", 2014 "Tiefgrün bis zartbitter" sowie 2017 unter dem Motto "Faustische Verabredungen" präsentiert. 2007 war Gerd Mackensen auch an der Ausstellung mit Werken der Schüler von Günter Groh beteiligt. Die letzte große Einzel-Ausstellung war jene in 2019 mit dem In vielen unserer thematischen Ausstellungen waren Werke von Gerd Mackensen vertreten, beispielweise "Der schöne Sensemann", "Es muss nicht immer Bauhaus sein" oder auch in der letzten Sonderausstellung "Mädchen, Mütter, Musen". Man kann schon sagen: Mackensen war und ist immer präsent im Kunsthaus Meyenburg.
Was soll ich Ihnen heute über die Kunst von Gerd Mackensen erzählen? Eigentlich muss man seine Werke selbst anschauen! Es gibt auf allen Werken so unglaublich viel zu sehen, zu entdecken, zu ergründen, zu erfühlen.
Jedes Werk ist voll von Energie, die aus seinen Formen, Farben und Linien entspringt.
Jedes Werk von Mackensen ist einzigartig. Sein Stil ist so vielseitig und sein Formenvokabular reicht von realistisch bis abstrakt.

Wie sind Sie in den zurückliegenden Jahren Gerd Mackensen begegnet? Als regional verwurzelter Künstler war er sicher auch neben den eigenen Ausstellungen im Kunsthaus in der Kunstszene präsent.
In Vorbereitung dieser Ausstellung habe ich auch über meine Begegnungen mit Gerd Mackensen nachgedacht und festgestellt, dass er bzw. seine Kunst mich doch bereits eine lange Zeit begleitet haben, man kann sogar sagen auf den Weg gebracht haben.
Meine erste öffentliche Rede mit einer Laudatio habe ich vor 30 Jahren zu seinen Werken in der Ausstellung "Gerd Mackensen und Heinz Scharr" 1994 in der Polizeidirektion Nordhausen und dann in der gleichnamigen Ausstellung im Thüringer Finanzministerium gehalten.
Mein erstes Zusammentreffen mit Gerd Mackensen ist sogar noch viel länger her: 1987 als ich ein Praktikum beim Kulturamt des damaligen Rates des Kreises machte und Gerd Mackensen, gemeinsam mit Klaus-Dieter Kerwitz, ein großes Wandbild für den Ratssaal geschaffen hat. Schon damals hat mich seine Kunst fasziniert! Und das tut sie noch immer!

Gerd Mackensen war ein vielseitiger Künstler. Trotzdem lässt er eine Handschrift erkennen…
Seine künstlerische Handschrift ist unverkennbar. Seine prägnanten Striche, seine kafkaesken, an Karikaturen erinnernden Figuren und seine speziellen Farbkontraste, die sowohl expressiv als auch ganz dezent sein können, immer genau so, wie die Stimmung, die der Künstler erzeugen wollte, es verlangt. Mackensens Werke zeigen seine Liebe an der Kunst und seine Liebe am Experiment. Der Maler Mackensen beherrschte die Farben auf besondere Weise, er kombinierte manchmal Töne, die auf dem Farbkreis eigentlich nicht direkt zusammenpassen und erzeugt dadurch sowohl ekstatische Spannung als auch melancholische Ruhe.
Manchmal verzichtete der Künstler jedoch auf Farbe, wie bei "Ich - in der Schlucht" von 2010 oder "Ich bringe das Licht" aus dem Jahr 2009. Diese Arbeiten bestechen nur die kraftvoll gesetzten schwarzen Striche und Linien. Die kreisförmige leere Fläche am oberen Rand zieht den Betrachter, wie das Licht am Ende des Tunnels, in die Tiefe des Blattes oder durch das Blatt hindurch? Immer wieder nahm Mackensen in seinen Werken auf seine Heimat, also Nordhausen, wo er 1949 geboren wurde, und Sonderhausen, wo er von 2008 bis 2023 lebte und arbeitete, Bezug. So finden wir in den Bildern z.B. die "Die alte Zorgebrücke" von 2018 oder den Nordhäuser Dom wieder, aber auch die "Klosterruine Walkenried" aus dem Jahr 2017.

Jetzt haben Sie bereits ein, zwei Werke angesprochen. Wie haben Sie die Ausstellung aufgebaut?
In der Ausstellung gibt es vier thematische Schwerpunkte: Landschaft, Erotik, Tiere und Abstraktes. Es ist - wie gesagt - keine Retrospektive. Natürlich sind die Werke nicht speziell für diese Ausstellung entstanden, wie es in den früheren Ausstellungen der Fall war. Sie sehen hingegen Arbeiten aus den vergangenen 20 Jahren. Die jüngsten Werke sind im Sommer 2023 entstanden, beispielsweise die kleinformatigen Leinwände mit den Landschaftsmotiven, die Sie im Jagdzimmer sehen. Diese Werke haben häufig keinen Titel, da diese der Künstler häufig erst vor der Ausstellung festgelegt hat. Diese vier Themen bildeten auch die Schwerpunkte im gesamten Schaffen von Gerd Mackensen, dass er über 50 Jahre mit großer Intensität und Leidenschaft betrieben hat.
Da sind zum einen seine "Landschaften", in diesen zeigt der Künstler manchmal starke Farbkontraste und versetzt seine Motive damit in besondere Stimmungen. Das intensive kühle Blau im Kontrast zu Weiß erzeugt eine Sehnsucht nach dem Meer - wie beispielsweise "Ostsee-Düne" oder "Morgenrot" aus dem Jahr 2022. Auf einer anderen Arbeit auf Papier aus dem Jahr 2013 taucht das Rot neben den schwarzen-grauen Silhouetten die Altstadt in eine abendliche Stimmung. Immer wieder nahm Mackensen in seinen Werken auf seine Heimat, also Nordhausen, wo er 1949 geboren wurde, und Sonderhausen, wo er von 2008 bis 2023 lebte und arbeitete, Bezug. So finden wir in den Bildern z.B. die "Die alte Zorgebrücke" von 2018 oder den Nordhäuser Dom wieder, aber auch die "Klosterruine Walkenried" aus dem Jahr 2017.

Die Ausstellung "Mädchen, Mütter, Musen" ist passé. Was bleibt vom Thema "Frau" in der aktuellen Ausstellung?
Das Motiv "Frau" beschäftigte Mackensen schon sehr lange und immer wieder gern. Der Künstler stellte die Frau, die nie wirklich nackt ist, in den unterschiedlichsten Posen und Perspektiven dar und schaffte dadurch reizvolle Ein- oder Ausblicke. Diese Arbeiten zeigen Frauen in den unterschiedlichsten Stimmungen, in intimen Situationen, lasziv, häufig in sich gekehrt, den Blick aber nur selten auf den Betrachter gerichtet. Ihnen gemeinsam ist, dass das Motiv nie langweilig wird, denn der Künstler schaffte es, immer eine knisternde Spannung aufzubauen, die dann auch auf den Betrachter überspringt. Dies geschieht sowohl in den gegenständlicheren Werken, wie z.B. "Die Liegende", als auch in den abstrahierten Arbeiten.
In den beiden Blättern "Zunge" aus dem Jahr 2007 geht der Künstler mit viel Humor mit der Erotik um. Das flächige Rot stellt einen besonderen Kontrast zum kräftigen schwarzen Konturstrich der Figuren dar.

"Faust ist nicht die Regel, aber Mephisto." So zitieren Sie Mackensen in der Ausstellung. Wieviel Mephisto steckt in der Gesellschaft?
Das Gemälde "Die Begegnung am Blocksberg" aus dem Jahr 2016 zeigt die Beschäftigung mit dem Thema "Faust", dem sich der Künstler viele Jahre widmete. Mackensens Bilder sind keine Illustrationen zu Goethes "Faust", sondern die intensive Auseinandersetzung mit dem, was Goethe in "Faust" beschäftigt hat. Dabei sympathisierte Mackensen gern mit Mephisto und warf die Frage auf, ob letzten Endes nicht der Teufel die eigentliche Triebkraft für die menschliche Entwicklung ist. Die Liebe zum Tier ist nicht nur des Pudels Kern, sondern begleitete den Künstler sowohl im Leben als auch in der Kunst. So finden sich zahlreiche Darstellungen von Katzen und Hunden in seinen Werken, die das Wesen und die Eigenheiten der geliebten Vierbeiner verdeutlichen. Auch die Tiere können sowohl realistisch - wie die Kreidezeichnung des Hundekopfes aus dem Jahr 2002 - sein, als auch abstrahiert wie in den Arbeiten "Das Weib mit dem Hund" oder "Ich eile".

Der Autor Jens-Fietje Dwars hat sich besonders den Titeln von Mackensens Werken angenommen? Was steckt dahinter?
Die Titel, die bei Mackensen stets phantasiereich sind und auch die Wortgewandtheit des Künstlers zeigen, geben dem Betrachter eine Richtung vor, ohne sich festzulegen. Wir - als Betrachter - haben dann die Wahl, uns entweder an dem vom Künstler gegebenen Titel zu orientieren und zu folgen oder ganz eigene Assoziationen aufzubauen. Wir müssen uns nur Einlassen auf die Kunst, schauen, schauen und nochmals schauen. Und dann formen sich die Farben zu Formen und die Formen erhalten Konturen.Dann entdeckt man plötzlich menschliche Figuren, Hunde und Katzen, eine deutsche Fahne und natürlich die vielschichtige Gestalt König Friedrich II., eine der Lieblingsfiguren von Gerd Mackensen oder sogar einen badenden Reichsadler. Lassen Sie sich jetzt deshalb darauf ein, die Kunstwerke zu sehen, zu erleben, zu fühlen und natürlich zu genießen!